Plicht des Arbeitgebers zur Arbeitszeiterfassung
Die Verpflichtung des Arbeitgebers zur systematischen Arbeitszeiterfassung besteht (BAG 1 ABR 22/21)
Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung, im Beschluss des Bundesarbeitsgerichts BAG 1 ABR 22/21 vom 13. September 2022, sind Arbeitgeber in Deutschland nach §3 Abs.2 Nr. 1 des Arbeitsschutzgesetzes (ArbSchG) dazu verpflichtet, die Arbeitszeit ihrer Mitarbeiter systematisch zu erfassen.
Bereits im Mai 2019 hatte der Europäische Gerichtshof dazu geurteilt (EuGH Az. C55/18) und EU-Arbeitgeber dazu verpflichtet, ein System einzurichten, welche die tägliche Arbeitszeit der Arbeitnehmer nebst Überstunden objektiv und verlässlich zu ermitteln. Dem folgt nun das BAG und legt mit seinem Urteil die Verpflichtung zur Arbeitszeiterfassung quasi fest.
Innerhalb der zuständigen politischen Gremien wurde bereits seit geraumer Zeit über die Durchsetzung des EuGH-Urteils von 2019 (sog. Stechuhr Urteil) diskutiert ein Antrag eines Betriebsrats vor dem BAG beschleunigte diesen Findungsprozess nun erheblich.
Der Betriebsrat hatte seinerseits auf ein Initiativrecht zur Einführung eines elektronischen Zeiterfassungs-System gepocht (LAG Hamm 27.0721 7TaBV79/20) welches das BAG jedoch ablehnte. Als Begründung gab das Gericht an, dass es in §3 Abs. 2 Nr.1 des ArbSchG bereits eine gesetzliche Verpflichtung des Arbeitgebers zur Umsetzung einer systematischen Arbeitszeiterfassung gebe.
Wie muss diese Arbeitszeiterfassung genau aussehen?
Eine genaue Vorgabe wie diese Arbeitszeiterfassung auszusehen hat, gibt es jedoch bisher weder von EuGH noch vom BAG. Fest steht jedoch schon jetzt, dass die Verpflichtung des Arbeitgebers zur Umsetzung besteht.
Rechtexperten bewerten den BAG-Beschluss als Paukenschlag, galt doch bisher keine allgemeine Pflicht zur Arbeitszeiterfassung sondern nur in bestimmten Ausnahmefällen etwa der Sonntagsarbeit. Dabei wird die Verpflichtung vielerorts auch begrüßt und aus Gründen des Gesundheitsschutzes auch jenseits der europarechtlichen Verpflichtung umgesetzt.
Es ist davon auszugehen, dass sich die Gesetzgebung nicht erneut drei Jahre Zeit lassen wird, um die aktuell getroffene Rechtsprechung in ein Gesetz umzusetzen. Bundesarbeitsminister Hubertus Heil hat hierzu bereits Vorschläge zur Umsetzung in Aussicht gestellt.
Weitere Erläuterungen dazu im Blog des Handelsblatts
Dieser Artikel stellt ausdrücklich keine Rechtsberatung dar. Wenden Sie sich bei arbeitsrechtlichen Fragen stets an eine qualifizierte Rechtberatung.